12.11.2021

Warum der Lockdown für Ungeimpfe gut ist

Betti L. fragt auf Twitter, was wir vom Lockdown für Ungeimpfte halten. Meine Antwort: Weil ich für Impfplicht bin, finde ich es eher zu soft, aber immerhin. Und jetzt hacke ich noch schnell was hin, das ich aber nicht mehr durchlesen mag („Durchlesen ist für Feiglinge.“ sagt Hansi Voigt.), weil ich die Kinder und grad zu wenig Zeit habe. 

1 Die Pandemie bringt ungeheures Leid über so viele, sie ruiniert das Gesundheitssystem, greift die Wirtschaft & die Staatsfinanzen an und gefährdet den Zusammenhalt der Gesellschaft. Also sind nur Massnahmen richtig und gerecht, die das abwenden. Wir wissen, dass die Pandemie nur mit einer hohen Impfrate beendet werden kann. (Dass man auch in armen Ländern durchimpfen müssen und alles global zusammenhängt, das schenken wir uns für den Moment.) Nun ist es ja richtig, dass Erkenntnis immer nur vorläufig und provisorisch ist. Und man sie immer wieder durch begründete Einrede in Zweifel ziehen sollte. (Ich bin durch Kuhn, Feyerabend und Foucault gegangen u als Pragmatiker dann doch wieder bei Popper gelandet.)

Allerdings kommt von der Seite, die gegen kollektive Massnahmen ist, nicht Substanzielles. Entweder Ideologie und Egoismus. Oder Geschwurbel und Verschwörungstheorien. Das einzig valable Argument, das ich bislang gehört habe: Man weiss nicht genau, was die langfristigen Folgen der Impfung sind. Allerdings sind die Folgen, von denen wir mit Sicherheit wissen, dass sie eintreten, nämlich der Prozentsatz der Leute die Long Covid kriegen, die Toten etc. pp. geeignet, dass wir die Zweifel zur Kenntnis nehmen, aber bis auf Weiteres beiseite stellen sollten. Zumal sie meist von Leuten artikuliert werden, die eh keinen Schimmer von nix haben.

Und wir dürfen nicht vergessen, dass die Leute von der Anti-Impf und Anti-Massnahmenfront – mit wenigen Ausnahmen – nicht einfach von berechtigten Zweifeln motiviert sind. Sondern als Rechtsexterme den Umschwung, als Nationalkonservative mehr Stimmen, als Verschwörungstheoretiker den Endsieg gegen die Echsen, die Weisen von Zion oder sonst irgendeinen Schmonzes wollen. Oder aber als Putin-Sprachrohre eine Schwächung der EU u der liberalen Demokratien bezwecken. In der Schweiz, in der es im kalten Krieg ein manchmal fast überwehrhaftes Bürgertum gab, geht das ein wenig unter, weil sich gewichtige Teile des Bürgertums in einem libertären, durchideologisierten Pseudo-Liberalismus eingraben, der mich oft an die Marxismen der 70er erinnert. Es ist nicht liberal xy. Das liberale Gwissen… Es ist ein Sündenfall und so weiter und so fort.

Jedenfalls, in grossen Gefahrenlagen muss eine Gesellschaft das Nötige tun, auch wenn es so manchem nicht in den Kram passt. Deshalb ist eine Imppflicht gerechtfertigt. Nun kann man ja einwenden, das ist ein sehr grosser Schritt, das ist schwierig zu vermitteln, also geht man weniger weit, und legt fest: Angesichts der Unmöglichkeit genügend viel Leute zur Impfung zu bewegen, macht man es schwieriger für Impfverweigerer. Es ist ein wenig wie mit der Militärpflicht. Wer Zivildienst leisten will, muss sehr viel länger ins Altersheim und eingies auf sich nehmen. Oder genereller: Wer nicht mitspielt, muss Nachteile in Kauf nehmen. Und Nicht.mitspielen ist bei Impfverweigerern für das Wohl der Gesellschaft – und ihr eigenes – sehr viel gravierender als Junge, die lieber in den Zivildienst als ins Militär wollen. Von daher ist der österreichische Lockdown ein Kompromiss, bei dem nicht dekretiert wird: Ihr müsst jetzt impfen! Aber die Nachteile werden herrauf geschraubt, um all denen, die schwanken, den Schritt zu erleichtern. Oder den Schubs zu verpassen. Und: Wenn man sich ueberlegt, wie eine Impfpflicht umzusetzen wäre, stellt sich die Frage: Wie würden VerweigerInnen bestraft? Mit Busse? Nützt wohl wenig. Mit Haft? Mit Hausarrest? Ah, da sind wir ja. Von daher: Wer – aus guten Gründen – einer Impfplicht etwas abgewinnen kann, sollte dem Lockdown für die Verweigererfront aklamieren.

 

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