(Die Kolumne aus der SonntagsZeitung vom 20. Mai 2005)
Fritzli und ich haben uns kennen gelernt, als ich einmal im Suff meine Schlüssel verloren hatte und frühmorgens vor der Haustüre sass. Fritzli ist mit dem Problem vertraut, er sitzt jeden Morgen vor der Türe und wartet auf Einlass. Wahrscheinlich heisst er nicht mal Fritzli, aber seither kommt er öfters zum Fernsehschauen. Bezüglich TV-Abend ist Fritzli «added value», wie man mit der momentanen Lieblingsphrase des Unternehmerargots sagen müsste. Fritzli ist ein Mehrwert, ein Zusatznutzen, weil Fernsehen mit einem warmen, schnurrenden Fellsack auf dem Schoss einfach schöner ist als ohne.
Allerdings ist so ein Katzenviech eine verzwickt dialektische Angelegenheit. Hält man ein eigenes, so kommt es zu unschönen Begleiterscheinungen wie Futter-Nachschubbeschaffung, einer Katzenkiste samt Sandlogistik und Geruchsimmissionen sowie Tierarztbesuchen. (JETZT GEHTS OHNE GEMAUNZE IN DEINEN TRANSPORTKÄFIG, HERRGOTTSAKRAMENT!) Ich halte mich deshalb ans Prinzip «Pet auf Pump», Katzeneltern schimpfen mich gar Tierschmarotzer. Was nicht ganz falsch ist, Fritzlis Unterhalt besorgt meine Nachbarin Bettina. Aber man kann das arme Kätzchen doch nicht hindern, wenn es mich in seiner Freizeit besuchen will! Gut, ein wenig nachgeholfen haben dürfte, dass ich Fritzli ein-, zweimal gefüttert habe. Und wenn dank Lebensmittelingenieurkunst gerade die Generation Fettwanst heranwächst, weil Kinder so gierig all den Technofood in sich hineinstopfen, was, glauben Sie, ist dann beim Tierfutter los? Ich kam mir vor wie der Zuhälter, der einem jungen Ding den ersten Schuss setzt, als ich Fritzli eine Katzenfutterportion aufriss. Seither kommt er jedes Mal mit.
Ich sehe da eine Marktlücke. Rund um die Uhr kann man Damen und Herren zu sich bestellen, die die unglaublichsten Sachen an einem vornehmen. Da müsste doch auch ein zutrauliches Büsi zu mieten sein. Schnurr- statt Sexwork. Dial-a-dog, wenn man jemanden braucht, der freudig wedelt und keine blöden Fragen stellt.
Längerfristig hoffe ich ja auf benutzerfreundliche Haustiere dank Gentech. Über ein praktisches Gen verfügt beispielsweise der Siebenschläfer, der bei Temperaturen unter 10 Grad in den Winterschlaf verfällt. Mit diesem Feature aufgewertete Katzen und Hunde könnten die Sommerferien über in der Tiefkühltruhe durchschlafen, statt ins Tierheim zu müssen. Für Eltern würden sich Tiere mit genetischem Ablaufdatum in Form einer letalen Sollbruchstelle empfehlen. Das süsse Kätzchen, das verspielte Hündchen und das niedliche Meerschweinchen, das die Kinder sich ertrotzen, gingen dann binnen Jahresfrist den Weg alles Irdischen und würden nicht als launischer Kater, bissiger Köter und räudige Meersau an den armen Eltern hängen bleiben. Bis dahin muss ich weiter Nachbars Katzen korrumpieren.
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