28.08.2010

Kunta Kinte Schneider-Amman

Die Kolumne aus der SonntagsZeitung vom 29.8.2010

In Sachen Ferien hat’s der Politiker nicht einfach. Selbst US-Präsident Obama musste samt Töchterchen demonstrativ im Öl verschmutzten Golf von Mexiko baden, und wurde dennoch gescholten, weil er danach zur gehobeneren Martha’s Vineyard fuhr. Obama könnte als Obdachloser Ferien machen und seine Familie aus Abfallkübeln ernähren, man würde ihm vorwerfen, mit seinen langen Armen übervorteile er arme US-Bürger beim Fischen nach Essbarem. Kurzum, Ferien sind ein hochpolitischer Akt, der wohlbedacht sein will.
Leider ist diese Chance von unseren Bundesratsaspiranten verpasst worden, die sich bloss hinter der Floskel verschanzen, alles mit der Familie besprechen zu wollen. („Schatz, du kriegst die Limo von Ex-Bundesratskönigin Silvia Blocher.“)
Nehmen wir Karin Keller-Sutter, welcher der Ruf anhängt, knüppelhart und eine ebenso eiskalte Blondine zu sein wie Sharon Stone in „Basische Instinkte“. (Leider ohne so cool, sexy & Rock’n’Roll zu wirken wie die Stone). Keller-Sutter wäre es gut angestanden, hätte sie sich in den Ferien weichherziger positioniert. Tele St.Gallen prrrrrrrrrrrräsentiert: „Karin Keller-Sutter in: ‚Ein Herz für ausgesetzte Tiere’“. Keller-Sutter: „Dä Max isch äs herzigs Basterli, ächli schüch aber sehr ahänglich, wenn er es nois Herrli oder Fraueli… “. Na? Wer wollte in Zeiten des Bruderzwists Heidi Abel den Einzug in den Bundesrat verwehren?
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Johann Schneider-Ammann dagegen, der altersmässig am Ablaufdatum entlang schrammt, hätte sich der Lifestylefraktion beliebt und ein wenig verjüngen können. Etwa so: Bundesratshoffnung Schneider-Ammann blickt über den Rand seiner Ray-Ban-Sonnenbrille, die geschickt vertuscht, ob der frische Look nun Botox oder dem Skalpell geschuldet ist. Vergnügt zeigt er seine neusten Adoptionen: „Hier im Laufgitter ist Fatima Schneider-Ammann aus Pakistan, dies ist Kunta Kinte Schneider-Amman aus dem Kongo.“ Der frischgebackene Daddy wechselt routiniert Kunta Kintes Windeln und verrät exklusiv gegenüber dem Papa-Blog der SonntagsZeitung: „Ich habe mir die Aszendenten aller neuen Kinder auf die Innenschenkel tätowieren lassen. Natürlich ist gerade für mich als jungen Familienvater die Staatsverschuldung ein Top-Anliegen. Deshalb ist es mir Verpflichtung und Auftrag zugleich, in den Ferien mit Fatima und Kunta Kinte meine allfällige Kandidatur intensiv zu besprechen.“

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Nächste Woche an dieser Stelle: Simonetta Sommaruguas Tagebuch: „Näher beimDER Konsument(e)In. Mein Sommerferienjob als Unia-Kassiererin bei Aldi.“

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