23.05.2010  _  Kolumne + Demographie; Retner; Alterskriminalität + Generation No Future. Seniorkriminelle. Facebook

Generation No future!

Die Kolumne aus der SonntagsZeitung vom 22.5.2010
Mario Cortison, 112, Sprecher der Stadtpolizei wirkt müde und grau. Seit 57 Jahren sagt er an jeder Jahrespressekonferenz das Gleiche: „Die Kriminalitätsrate ist wieder gestiegen.“ Waren es in den Neunzigern noch Drogendelikte und in den Nullern Hooligans sowie Clubbesitzer, so verzeichnet die Stadtpolizei 2023 zum dritten Mal einen dramatischen Anstieg bei der Entwendung von Lesebrillen und Badewannensitzhilfen. Ungeklärt bleibt der Rammbocküberfall auf Phonak, bei dem 23‘000 Hightechhörgeräte gestohlen wurden. Auf eine kritische Nachfrage von Roger Schawinski, 221, Chef von Radio Methusalem („Ich bliiben immer parat!“), erklärt Cortison, man müsse auch das Demographische sehen. Die Bevölkerung werde immer älter, und die Renter von heute glichen kaum noch denen des letzten Jahrhunderts. So bereite der Polizei der Betäubungsmittelmissbrauch grosse Sorgen. In vielen Heimen sei es an der Tagesordnung, dass Senioren mittels Kokainkonsums ihren Nachmittagsschlaf künstlich hinauszögerten, um sich länger bei Kaffe und Kuchen zusammen zu rotten. Wobei sie literweise Kaffee trinken, dafür ihre Crèmeschnitten stehen lassen würden. Erst seien sie aufgekratzt und renitent, später dann nörgelig und depressiv, was fürs Personal eine starke Belastung bedeute. Typisch sei auch der Vorfall nach dem Rolling-Stones-Konzert in der S-Bahn Oerlikon-Brugg. Ein Dreissigjähriger, der sich über Inkontinezgeruch in der ersten Klasse beschwert hatte, war von Retnerinnen mit Krücken zusammen geschlagen worden. Unerkannt konnten die Täterinnen im Meer sympathisierender Alter davon humpeln.
Jetzt fordert SVP-Strategiechef Christoph Blocher, 347, harte Massnahmen: Von ausländischen Seniorenkriminellen seien Antidepressiva und Gebisse einzuziehen, konsequent müssten sie aus Altersheimen ausgewiesen, ihre arbeitstätigen Enkel zur Kasse gebeten werden. Falls der Bundesrat die Kraft nicht mehr habe, sei er, Blocher, bereit, noch einmal das schwere Amt des Justizministers… (fällt routiniert vom Podium.)
Ungelöst bleibt die Frage wie man dieser No-Future-Generation strafrechtlich beikommen könnte. Landet ein Seniortäter vor Gericht, so lautet die Standardausrede: „Ich, äh, kann mich nicht erinnern… Als Björn Borg 1979 das Masters gewann, äh, war ich ja…“ Und die Verteidigung sekundiert: „Mein Mandat ist in ein Heim verschickt worden, wo er unter schlechten Einfluss geraten und vom geraden Pfad abgekommen ist. Zudem stand er zum Tatzeitpunkt unter dem Einfluss von Viagra-Plus, Rheuma-Schmerzmitteln und Eierlikör.“

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Wenn man darauf achtet, begegnen einem in der Presse häufig Meldungen über kriminelle Senioren. Zum Beispiel der fiese Pneustecher: Es war ein Rentner! Die 70jährige, die Banken überfällt. Oder die Bande, die ihren Finanzberater entführte. In Österreich sorgen sich die Salzburger Nachrichten über alte Häfltinge. Niedersachsen prüft gar ein spezielles Gefägnis für Senioren.
Die FAZ vermeldet, dass die Zahl der Täter über 60 um einen Viertel zugenommen habe.

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