Gott sei Dank, das Luxusgewerbe kann aufatmen. Bei den Finanzern sprudeln wieder die Boni wie eh und je. Denn erhielte der Banker bloss einen Lohn, er ginge doch glattwegs zur Konkurrenz. So aber profitieren wir alle, wenn Boni via Luxuskonsum unsere Volkswirtschaft ankurbeln. Etwa durch Premium-Mineralwässer, für die elegante Häuser immer häufiger eigene Menü-Karten und spezialisierte Sommeliers haben. Wie das so klingt, las man unlängst in der NZZ, in der eine Jury befand, das eine Wasser sei «federleicht», aber «etwas kurz im Abgang», das andere sei «frisch, weich», habe aber «etwas wenig Struktur».
Unsereins glaubt ja, solange Wasser nicht friert, habe es generell etwas wenig Struktur, und weich sei es sowieso. Und als Wasser-Banause wäre ich auch zu geizig, im Hotel Kempinski St. Moritz für das Sieben-Dezi-Fläschchen Bling H2O 190 Franken hinzublättern. Mir wäre auch H2O ganz ohne Bling und direkt ab Hahnen recht. «Gustatorisch» ist das natürlich ein schwerer Fehler! Hahnenwasser, so der führende Mineralwasser-Sommelier Jerk Riese, schmecke «dumpf». Er empfehle beispielshalber zu Chicorée norwegisches Voss-Water. Das sei «super erfrischend, recht neutral», und er, Jerk Riese, spüre «einen leicht herben Unterton». Ich dagegen spüre Angebotslücken. Was wir dringend brauchen, sind Sitzkissen-Karten! (Der Hintern isst mit.) Eine Strassburger Gänseleber, rät Kissen-Sommelier Thomas Haemmerli , unterstützt am Besten ein weich-zartes Rundpolster aus den Daunen ungeborener Wachtel-Küken (Franken 39 / 15 Minuten). Die festere Konsistenz des Hummer Thermidor begleitet kongenial ein gut strukturiertes Kissen aus Mohair vom marokkanischen Hochlandmilchlamm (Franken 62 / 15 Minuten).
Und genauso dringend brauchen wir Umgebungsluft-Menüs! (Die Nase isst mit.) Eine Gasflasche mit Überdruck am Tisch verdrängt die ordinäre Restaurantluft und bietet zu jedem Gang ein gustatorisch unterstützendes Genuss-Air. Zu Chicorée und Voss-Water empfiehlt Luft-Sommelier Haemmerli den Duft eines jüngst umgestochenen norwegischen Garten-Terroirs mit subtil torfigem Unterton. Zur Käseplatte dagegen passt ein heimisches Cuvée: Die Basis bildet der Odem einer Emmentaler Braunvieh-Stallung, zwanzig Prozent stammen aus der Garderobe des Turnvereins Dürsrüti, und Burgdorfer Jungfrauen, die während wenigstens 72 Stunden ausschliesslich mit Bohnen-Buffalo-Mozarella-Paste gefüttert worden sind, sorgen mit darmfrischen Flatulenzen für die rezent-würzige Note im langen Abgangsfinale, denn irgendwohin muss er ja, der Bonus.
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2 Kommentare
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Jacqueline Badran
Wunderbar Thomas.
Und hier noch einer:
„Mineral mit“….nur schon, dass man das so bestellen muss! Seit irgendein Hollywood-Promi-Diät-Guru vor einigen Jahren, die Welt damit verwirrt hat, dass „Stille Wasser“ diätisch ergibiger sind als das mit den Blubbern, grassiert diese belästigende Frage aller Kellner und Kellnerinnen der westlichen Welt.
Ich plädiere für die Einführung eines Defaults: Wenn man Mineral sagt, dann ist immer das mit Kohlensäure gemeint und immer das, das am wenigsten weit transportiert wurde. Die, die dieses schale (oh nein – dumpf-eisenartige) Mineral ohne KS in der Schweiz bestellen, anstatt dem besten Leitungswasser der Welt, sollen sich bitte mit Erklärungen abgeben. Basta.
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Peter Müller
Also bei Wasser schmecke ich auch Unterschiede und ich finde es Klasse, dass endlich Restaurants es erkannt haben, dass man als Nicht-Alkoholtrinker eine Auswahl bekommen sollte.
Wer heute noch meint Wasser ist gleich Wasser und es ist egal ob es aus der Leitung kommt oder aus einer entlegenen Quelle, hat leider die Zeichen der Zeit nicht erkannt und selbst sich scheinbar mit dem Thema noch nicht auseinander gesetzt.
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