17.08.2009  _  Kolumne Facebook

Handy her oder ich niese! Von der Ansteckungsparty zumTröpchenterror

Kolumne aus der SonntagsZeitung vom 16.8.2009

Der Dernier Cri gesellschaftlicher Lustbarkeiten, liest man da und dort, ist die „Swine Flu Party“, die Schweinegrippe Party. Das Konzept ist abgeschaut bei Kinderparties, die zeitweise in England bei impfunwilligen Eltern in Schwange waren. Man schleppte seine Gören an eine Fete, an der ein Kind Röteln, Masern oder Pocken hatte, auf dass die Nachzucht „natürlich“ zu Antikörpern komme, statt qua Teufelszeug wie Spritzen und Impfstoffen.

Das Motiv für Grippeparties ist allerdings rationaler. Wer sich jetzt noch mit der harmloseren Variante von H1N1 anstecke, erkranke zwar an Schweinegrippe, entwickele danach aber Antikörper für den Fall, dass uns im Herbst die viel viel schlimmere Grippevariante H1N1heavy heimsuchen wird wird. Ausserdem: Als schnittige Persönlichkeit macht man brandneue Epidemien ja sowieso möglichst bald nach ihrem Release mit, so dass man in Konversatioen müde abwinken kann: „Ach! Schweinegrippe hatte ich im Juni, das ist doch so was von over!“ Für anspruchsvolle Gastgeber, die gern das Besondere bieten, drängen sich Grippefeiern also gerade zu auf. „Liebe Freunde! Willkommen zu unserem kleinen Influenza Gettogether. Ich darf Frau Nguyen vorstellen, die wir aus Haiphong haben einfliegen lassen, und die für topaktuelle Tröpfcheninfektionen sorgen wird. Frau Nguyen! Würden Sie jetzt bitte einmal kräftig aufs Plateau mit den Häppchen husten! Prosit!“

Besorgte Fachleute befürchten, dass man nach Grippeparties schwächere Organismen, etwa die eigene Oma anstecken könnte, und betonen, dass bereits heute drei von tausend Erkrankten versterben. Das hat was. Nur schon die Kondolenzbriefschreiberei, die da anfallen könnte. „Lieber Manfred. Zwar hat uns Doktor Zweifel, den wir in der Sache kontaktiert haben, versichert, dass schwächliche Naturen spätestens mit der Herbstgrippe ohnehin einem höchsten Sterberisiko ausgesetzt gewesen wären. Trotzdem tut es uns unendlich leid, dass sich Barbaras Heimgang ausgerechnet nach unserer Influenzaparty ereignen musste. Wir wünschen dir von ganzem Herzen… usw. usf.“

Düster sieht’s auch für die Oma aus, falls es was zu erben gibt. Bei unserer stündlich noch brutaleren Möderjugend findet sich doch garantiert der gewissenlose Enkel, der nach dem Swineflu-Rave seiner Oma mehrmals gegen den ungeschützten Kopf hüstelt.“

Schlimmer: Tröpfchenterror könnte zur Norm werden. Tunichtgutbanden drohen nur noch: „Handy her oder ich niese!“
Die ETA warnt, dass die vergrippten Genossen Txeroki und Tuxedo seien im Hotel Marsol in Mallorca auf jedem zehnten Liegestuhl gelegen und die Türklinken beim grossen Speisesaal abgeleckt hätten, weshalb das Hotel umgehend zu evakuieren und Euskadi in die Freiheit zu entlassen sei. Islam-Märtyrer gürten sich durch gerotzte Taschentücher um den Leib, um an Flughafenkontrollen Ungläubige zu infizieren, auf dass ihnen im Paradies jungfräuliche Krankenschwestern flotte Genesungsparties bereiten können.

Drum als letzter Schrei: Nieder mit dem Schweinegrippesystem!

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